Immer wieder werden wir von Mandanten zum Thema Abfindungen befragt. Die häufigste Frage zu diesem Teil des Arbeitsrechts lautet stets: „Wie viel Abfindung steht mir zu?” Wie viel Abfindung ein Angestellter erhält, hängt von vielen Faktoren ab. Wir möchten Ihnen einen kleinen Einblick geben. Abfindung heißt im Juristen-Deutsch „Entschädigungszahlung”.Diese ist zwar gesetzlich nicht geregelt, wird aber im Regelfall im Rahmen der sogenannten Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht vereinbart, um einen Kündigungsrechtsstreit gütlich und endgültig beizulegen. |
Es muss aber nicht zwingend in der Güteverhandlung zur Vereinbarung einer Abfindungszahlung kommen.
Eine solche gütliche Einigung im Rahmen der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht, beinhaltend auch die Zahlung einer Abfindung, ist gängige Praxis und stellt schon fast den Regelfall dar.
Grundsätzlich gilt als Faustregel:
Je „schwächer” die Kündigung, desto höher die Abfindung!
Je „stärker” die Kündigung, desto geringer die Abfindung!
Der Arbeitgeber kann eine „starke” Kündigung natürlich auch ohne Abfindung durchsetzen, wenn an der Wirksamkeit der Kündigung keine vernünftigen Zweifel bestehen und damit zu rechnen ist, dass auch das Arbeitsgericht diese Kündigung in einem Urteil als begründet und wirksam ansehen wird.
Es gibt viele Rechtswege im Arbeitsrecht, auf denen eine solche Entschädigungszahlung vereinbart werden kann. Die Form entscheidet maßgeblich darüber, ob ein rechtlicher Anspruch besteht und wie viel Abfindung dem Arbeitnehmer zusteht.
Der Aufhebungsvertrag
Eine häufig gewählte Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist der Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag. Die Höhe der Abfindung wird frei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandelt. Die Abfindung wird festgelegt, in dem beide Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden oder Eckdaten in einem Abwicklungsvertrag nach der Arbeitgeberkündigung vereinbart werden.
In einem solchen Aufhebungsvertrag ist es den Parteien freigestellt, ob sie eine Abfindung vereinbaren oder nicht.
Lässt sich der Arbeitnehmer auf einen Aufhebungsvertrag ohne Vereinbarung einer Abfindung ein, ist es ihm später grundsätzlich nicht möglich, „im Nachhinein” noch eine Abfindung zu fordern.
Solche Aufhebungsverträge sind für den Arbeitnehmer auch hinsichtlich seines Anspruches auf Arbeitslosengeld dann unschädlich, wenn in einem solchen Aufhebungsvertrag bestimmte Vorgaben eingehalten werden.
Neben der Einhaltung der Kündigungsfrist gehört hier regelmäßig auch die Vereinbarung einer Regelabfindung zu den zu beachtenden Punkten in einem solchen Aufhebungsvertrag, will der Arbeitnehmer nicht hinsichtlich seines Arbeitslosengeldes eine Sperrfrist riskieren.
Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
Wenn eine Kündigung nicht mit dem Verhalten eines Arbeitnehmers begründet werden kann, sprechen wir im Arbeitsrecht von einer sozial ungerechtfertigten Kündigung nach §1 KSchG. Auch betriebsbedingte Kündigungen können übrigens sozial ungerechtfertigt sein, nämlich dann, wenn der Arbeitgeber bei der „Sozialauswahl” – also der Wahl des zu kündigenden Mitarbeiters – Aspekte wie die Dauer der Firmenzugehörigkeit, sein Alter, etwaige Unterhaltspflichten oder mögliche (Schwer-)Behinderungen nicht berücksichtigt hat. Auch wenn ein Mitarbeiter durch Umschulungen oder Fortbildungen anderweitig im Unternehmen hätte eingesetzt werden können, ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt.
Betriebsänderungen
Den arbeitsrechtlichen Begriff „betriebsbedingte Kündigung” haben viele wahrscheinlich schon einmal gehört. Dies kann bedeuten, dass ein Unternehmen aufgrund von äußeren oder inneren Einwirkungen, das heißt ausbleibende Aufträge oder Missmanagement, sich von Mitarbeitern trennen muss, um Kosten zu senken und eine Pleite des Unternehmens zu verhindern.
Eine Abfindung können Mitarbeiter dann erhalten, wenn das Unternehmen mit mehr als 20 Vollzeit-Beschäftigten gearbeitet hat und der Betriebsrat zusammen mit der Unternehmensführung in einem Sozialplan das Thema Abfindungen geregelt hat. Verfügen die Arbeitnehmer über einen Tarifvertrag, haben alle tarifgebundenen Mitarbeiter im Sinne des Arbeitsrechts einen rechtlichen Anspruch auf Abfindungen. Dann spielt es übrigens auch keine Rolle, ob die Kündigung rechtswirksam ist oder nicht!
Wann haben Arbeitnehmer einen Abfindungsanspruch?
Ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, muss ein Arbeitgeber keine Abfindung zahlen und kann dafür auch nicht rechtlich belangt werden. Obwohl es im Arbeitsrecht immer wieder zu Streitigkeiten vor Gericht kommt, einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel auf eine Summe X und gehen damit einem eventuell langwierigen und die Parteien auch belastenden Rechtsstreit (und dies gegebenenfalls noch über zwei Instanzen) mit oftmals ungewissem Ausgang aus dem Weg.
Die Frage aller Fragen: Wie viel Abfindung steht mir zu?
Die Höhe der Abfindung lässt sich im Arbeitsrecht meist nicht pauschal benennen. Möchte sich ein Arbeitgeber schnell von seinem Mitarbeiter trennen, wird er häufig bereit sein, eine höhere Abfin-dung als üblich zu zahlen. Da Abfindungen seit 2006 voll versteuert werden müssen, kann eine Abfindung empfindlich hoch ausfallen.
Es gibt zwar keine vorgeschriebene Höhe, nach §1a KSchG gibt es allerdings eine Regelhöhe von 0,5 Brutto-Monatsverdiensten für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit, maximal gibt es 12 Monatsver-dienste als Abfindung. Für ältere und langjährige Mitarbeiter kann sich die Höhe der Abfindung auf 15 bzw. 18 Monatsverdienste steigern. Mitgerechnet werden dabei neben dem Lohn auch Sachbezüge wie Weihnachtsgeld und sonstige finanzielle Zuschläge, die dem Mitarbeiter im Monat der Kündigung zugestanden hätten.
Welchen Einfluss hat eine Abfindung auf das Arbeitslosengeld?
Einen großen! Denn nach § 143a SGB III wird kein Arbeitslosengeld gezahlt, wenn ein Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten hat und ohne Einhaltung der Kündigungsfrist das Unternehmen verlassen hat. Anspruch auf Arbeitslosengeld erhält der Arbeitnehmer erst zu dem Zeitpunkt, an dem sein Arbeitsverhältnis ursprünglich geendet hätte. Die Konsequenz: Der nun Arbeitslose ist in dieser Zeit nicht krankenversichert und hat außer der Abfindung keinerlei Einnahmen. Daher raten wir allen unseren Mandanten, stets die Kündigungsfrist zu beachten!
Noch einschneidender ist eine bis zu 12-wöchige Sperre für Arbeitslosengelder. Diese erfolgt, wenn der Arbeitnehmer für seine Kündigung selbst verantwortlich ist, was schon durch die Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag oder Abwicklungsvertrag erfolgen kann. Nur wer nachweisen kann, dass z.B. unzumutbare Arbeitsbedingungen wie Mobbing oder fehlende Sicherheit an der Kündigung Schuld waren, behält der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Frage „Wie viel Abfindung steht mir zu?” ist, wie Sie sehen, sehr komplex und vielschichtig.
In jedem Falle sollten Sie sich daher vor Kündigungen oder bei drohendem Arbeitsplatzverlust an einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens wenden!
Als vielseitige Fachkraft arbeite ich als Familientherapeutin und nutze mein tiefes Verständnis für Jura und Psychologie, um Familien in Konflikten oder Krisen zu vermitteln und zu beraten. Zusätzlich dazu biete ich auch Beratungsdienste im Bereich des digitalen Rechts an, wobei ich meine juristische Expertise nutze, um Unternehmen und Einzelpersonen bei Fragen im Zusammenhang mit digitalen Rechtsfragen zu unterstützen.
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